(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 4/06, 26) < home RiV >

Von Hamburg nach Bologna

 

Am 18.11.2006 fand in der Grundbuchhalle des Ziviljustizgebäudes eine bemerkenswerte Premiere statt:

 

Zum ersten Mal diskutierten Juristen aller Couleur, aller Berufsgruppen und aller Generationen auf Initiative des Hamburgischen Anwaltvereins (HAV) und der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (AsJ) in Kooperation mit der Gesellschaft Hamburger Juristen, dem Hamburgischen Richterverein, der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer, dem Kommunikationsverein Hamburger Juristen, der Boston Consulting Group sowie der ZEIT-Stiftung Gerd und Ebelin Bucerius - die beiden letztgenannten Partner hatten durch finanzielle Unterstützung diese Veranstaltung dankenswerter Weise ermöglicht - unter dem Thema "Bachelor und Staatsexamen in der deutschen Juristenausbildung – Widerspruch oder Chance" Bedeutung und Auswirkungen der sog. Bologna-Erklärung vom 19.06.1999.

 

Offensichtlich war das Thema von hoher Aktualität, denn etwa 100 Teilnehmer aus Hamburg und dem Bundesgebiet, darunter viele namhafte Vertreter der verschiedensten juristischen Tätigkeitsbereiche und Verbände, hatten sich zu dem Symposium eingefunden.

 

Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des HAV Dietrich Wenke und einem Grußwort unseres OLG-Präsidenten gab  Wiss. Ass. Sebastian Mock, Universität Hamburg, eine gute Einführung in das Thema. Er stellte anschaulich und informativ die bisherige Entwicklung in Europa, insbesondere die Situation in Frankreich, Italien, den Niederlanden, der Schweiz und ferner die Ausbildungssituation in den USA dar. Mit dieser Grundlegung waren die Teilnehmer gut gerüstet für eine detaillierte, temperamentvolle und engagierte Darstellung des sog. 4-Stufen-Modells zur Umsetzung der Bologna-Erklä­rung im Rahmen der deutschen Juristenausbildung durch Dr. Jens Jeep, Notariatsverwalter in Hamburg. Diese interessante Umsetzung der Bologna-Idee kann in der NJW 2005, 2283 sowie unter www.neue-juristenausbil­dung.de nachgelesen werden!

 

Die kurzweilige Eröffnung des Symposiums fand eine äußerst angenehme Fortsetzung in einem köstlichen Buffet, das in der Kantine angeboten wurde. Gleichwohl fanden sich alle Teilnehmer pflichtbewusst je nach Interessenlage in den vier Foren zur Fortsetzung der Veranstaltung in kleinen Arbeitsgruppen ein (Forum Wirtschaft, Anwaltschaft und Notare, Verwaltung und Justiz, Ausbildung). Dort war durch kurze Statements kompetenter Vertreter der verschiedenen Berufsgruppen für eine fundierte Grundlegung zu weiterführenden Gesprächen und insgesamt fruchtbaren streitigen Diskussionen Sorge getragen worden.

 

Nach einer kurzen Kaffeepause gaben die jeweiligen Berichterstatter im Plenum eine kurze Zusammenfassung über den Ablauf der Diskussion und die Ergebnisse der einzelnen Foren.

 

Die überwiegende Mehrheit in den Arbeitsgruppen sprach sich für ein Aufgreifen des Bologna-Prozesses in der deutschen juristischen Ausbildung auf. Es gab nur vereinzelte Gegenstimmen. Diese Einigkeit darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass erst bei der konkreten Umsetzung der Vorgaben und bei der inhaltlichen Umsetzung die Probleme in der Umgestaltung der Ausbildung zu Tage treten werden. Auch daran konnte bei der Veranstaltung kein Zweifel verbleiben.

 

Anschließend und abschließend fand im Abschlussplenum eine lebhafte Podiumsdiskussion mit einem kenntnisreich besetzten Podium statt.

 

Der Ausklang bei Wein und Brezeln gab nochmals Gelegenheit, das Gehörte zu diskutieren und im Gespräch Erfahrungen, Befürchtungen und Zukunftsperspektiven zu erörtern. Insgesamt handelte es sich um eine anregende Veranstaltung (Teilnahme kostenlos!), für deren hervorragende Vorbereitung den Organisatoren Dank und Anerkennung gebührt.

 

Leider waren unter den Teilnehmern nur vereinzelt Kollegen und Referendare oder Studenten zu finden. Allen, die jetzt neugierig geworden sind, empfehle ich, Einzelheiten unter www.reform-der-juristenausbildung.de nachzulesen.

 

Inga Schmidt-Syaßen