(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 2/07, 20) < home RiV >

 

Richtereuropa auf Deutsch

Dass Europabezüge manchmal etwas lieblos behandelt werden, hat seine Ursache gelegentlich auch in der nicht immer leichten Zugänglichkeit von Texten in der Muttersprache. Das birgt die Gefahr, dass manche Entwicklungen auf europäischer Ebene nicht hinreichend in Deutschland zur Kenntnis genommen werden. Das betrifft auch Texte der EU zur Stellung von Richtern und Staatsanwälten. Auch wenn diese Texte in der Regel derzeit oft keine verbindlichen Normen sind, sind sie von enormer Wichtigkeit, weil sie im Laufe der Jahre sich immer weiter verfestigende Überzeugungen in den europäischen Institutionen schaffen, welche spätestens in dem Augenblick größere Bedeutung erlangen werden, in dem uns betreffende europäische Normen künftig gesetzt werden.

Noch nicht so gravierend - aber dennoch erstaunlich - ist es, dass es von der immerhin schon am 06.10.00 ergangenen Empfehlung des Ministerkomitees des Europarats über „Die Rolle der Staatsanwaltschaft in der Strafgerichtsbarkeit“ immer noch nur eine vorläufige nichtamtliche deutsche Übersetzung im Internet gibt[1].

Die Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates zur „Europäischen Charta über die Rechtsstellung der Richterinnen und Richter“ sind ebenfalls nur in nicht amtlicher Form auf deutsch im Internet erhältlich[2].

Während der im Internet in deutscher Sprache anscheinend nicht veröffentlichte Bericht der „Europarats-Kommission für die Wirksamkeit der Justiz“ (CEPEJ) vom 05.10.06 zur „Bewertung europäischer Justizsysteme“ wenigsten besprochen wurde (Jünemann, DRiZ 2007, 8), sind die auf Anregung des CCJE einberufenen Europäischen Richterkonferenzen[3] im Internet kaum in deutscher Sprache dokumentiert, obwohl deren Themen durchaus interessant waren:

· Die Rolle des Richters bei der Streitschlichtung im Anfangsstadium der Verfahren“ 

(1. Konferenz, 24.-25.11.04, Straßburg)

·  „Justiz und Medien“  

(2. Konferenz, 25.-26.04.05, Krakau)

· Selbstverwaltungsmodelle der Justiz 

(3. Konferenz, 26.-27.03.07, Rom)

Immerhin wenn auch nicht einfach zu finden sind deutsche Fassungen der Stellungnahmen des Beirats der europäischen Richter (Conseil Consultatif de Juges Européens CCJE). Dieser Beirat – auch Konsultativrat genannt - wurde vom Ministerrat des Europarates im Jahre 2000 ins Leben gerufen. Er ist ein beratendes Gremium des Ministerkomitees, das Stellungnahmen zu allgemeinen Fragen betreffend die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Kompetenz der Richter ausarbeitet. Jeder Mitgliedstaat des Europarates kann einen Richter in diesen Beirat entsenden. Der CCJE hat bisher Stellungnahmen zu folgenden Themen abgegeben:

Nr. 1: „Über die Vorschriften betr. die Unabhängigkeit und Unabsetztbarkeit von Richtern“[4] (23.11.01)

Nr. 2: „Zur Finanzierung und Geschäftsführung der Gerichte unter Verweis auf die Wirksamkeit der Justiz und Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention“[5] (23.11.01)

Nr. 3: „Über die Grundsätze und Regeln, die das berufliche Verhalten der Richter lenken, insbesondere Standesrecht, unvereinbares Verhalten und Unparteilichkeit“[6] (19.11.02)

Nr. 4: „Über die geeignete Aus- und Fortbildung für Richter auf nationaler und europäischer Ebene“[7]    (27.11.03)

Nr. 5: „Zum Recht und der Praxis der Ernennung von Richtern des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte“[8]  (27.11.03)

Nr. 6: „Über das faire Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist und die Rolle der Richter im Verfahren unter besonderer Berücksichtigung der alternativen Formen der Streitbeilegung“[9] (24.11.04)

Nr. 7: Über Justiz und Gesellschaft[10](25.11.05)

Nr. 8: „Die Rolle der Richter beim Schutz der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit im Kontext des Terrorismus“[11] (10.11.06)

Gelegentlich veröffentlicht auch der DRB deutsche Fassungen europäischer Texte, so den Schlussbericht der Gruppe X des Europäischen Konvents "Freiheit, Sicherheit und Recht"[12]  und den „Europäischen Standard Richterlicher Ethik“[13].

 

Am Schwierigsten zu finden sind Texte, die lediglich als Bilddatei vorhanden sind und deshalb nicht von den Suchmaschinen gefunden werden können, wie z.B. die Empfehlung des Ministerkomitees über „die Unabhängigkeit, Effizienz und Rolle der Richter“ vom 13.10.94[14].

Wolfgang Hirth


 

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Ergänzung: Hirth, MHR 3/2008, 30