(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 4/07, 3 ) < home RiV >

Das Kreuz mit der Leistungsbesoldung

 

Seit Beginn des Jahres kämpft der Hamburgische Richterverein gegen die allein in Hamburg beabsichtigte Einführung einer Leistungskomponente in die Besoldung für Richter und Staatsanwälte. Die Abweichung von einem Prozent Gehaltserhöhung ab dem 01.01.2008 im Verhältnis zum Tarifabschluss für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst begründete der Senat damit, aus diesen Mitteln besondere, überobligatorische Leistungen finanziell belohnen zu wollen. So nachzulesen in der Begründung des Gesetzesentwurfs 18/6009. Seit der Verabschiedung des Gesetzes am 27.07.2007 wurde zwar die einmalige Sonderzahlung in Höhe von 560,-- € im August 2007 ausgezahlt. Weder im tariflichen noch im Bereich der Beamten, Staatsanwälte und Richter sind bisher jedoch Kriterien entwickelt worden, nach denen - wie beabsichtigt - ab 01.01.2008 besondere Leistungen bezahlt werden könnten. Völlig unverblümt erklärt das Landespersonalamt, dies sei derzeit auch nicht beabsichtigt. Zwar verhandele man mit den Spitzenverbänden der Arbeitnehmer im tariflichen Bereich über die Einführung von Leistungselementen, nach denen besondere Leistungen besoldet werden sollten. Es sei aber derzeit nicht absehbar, wann diese Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden könnten. Sollte dies 2008 nicht mehr möglich sein, käme in Betracht, den vorgesehenen Betrag von 1% am Ende des Jahres vor neuen Tarifverhandlungen linear an alle tariflich Beschäftigte auszukehren. Für die Beamten käme in Betracht, etwa im Sommer 2008 durch ein Gesetz festzulegen, welche besonderen Leistungen zusätzlich zu der mit Gesetz festgelegten 1,9 %igen Besoldungserhöhung honoriert werden könnten. In diesem Bereich seien Kriterien einfacher und ohne zeitaufwendige Verhandlungen festzusetzen, weil der Gesetzgeber es in der Hand habe, diese Kriterien zu bestimmen. Angesichts der Schwierigkeiten, die auch das Landespersonalamt sehe, denke man im Moment nicht und frühestens Ende 2008 darüber nach, wie Leistungskriterien im richterlichen Bereich definiert werden könnten und ob dies überhaupt möglich sei.

 

Diese Entwicklung spricht der bisherigen Begründung, man werde am 01.01.2008 die Besoldung für Staatsanwälte und Richter nur deshalb lediglich um 1,9% erhöhen, um auch in diesem Bereich leistungsbezogene Besoldungselemente einzuführen, Hohn. Es handelt sich um eine Volte rückwärts, um einen Taschenspielertrick. Es ist kaum glaubhaft, dass nach den Protesten des Hamburgischen Richtervereins gegen die Einführung einer leistungsbezogenen Besoldung für Staatsanwälte und Richter diese vom Bundesverfassungsgericht geteilten Bedenken dem Landespersonalamt und damit dem für die Besoldung verantwortlichen Ersten Bürgermeister Ole von Beust und seinem Staatsrat Dr. Volkmar Schön verborgen geblieben sind. Das gilt umso mehr, als der Hamburgische Richterverein den Ersten Bürgermeister direkt auf die Verfassungswidrigkeit einer Leistungsbesoldung hingewiesen hat. Dies gilt letztlich auch deshalb, weil die für die Justiz zuständige Fachbehörde es bisher wohlweislich ablehnt, Leistungskriterien im richterlichen Bereich zu entwickeln oder gar Richter nach welchen Kriterien auch immer zu beurteilen. Diese Entwicklung kann nur als Betrug an den Staatsanwälten und Richtern bezeichnet werden. Schon die Abweichung vom Verhandlungsergebnis im tariflichen Bereich um 1% ist angesichts der ersten Gehaltserhöhung seit 2004 und den überproportional gestiegenen Lebenshaltungskosten kaum hinnehmbar. Schlechterdings eine Verhöhnung der Judikative ist es aber, nachträglich darauf zu verweisen, das Gesetz sehe lediglich eine Gehaltserhöhung von 1,9% vor. Die Begründung für diese Gehaltsanpassung sei nicht Bestandteil des Gesetzes und deshalb unbeachtlich. Dieser Umgang mit der Dritten Gewalt zeigt überdeutlich, dass die Justiz für Gesetzgebung und Verwaltung in Hamburg offenbar lediglich ein Spielball ist, den man nicht ernst nimmt. Wie gering die Politik eine unabhängige Justiz in Hamburg schätzt, kam in der Vergangenheit in Schlagworten wie „zu lahm, zu lasch, zu lau“ zum Ausdruck. Da kam die Justiz aber wenigstens noch vor. In der Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters vom 31.03.2004 hingegen werden zwar die „motivierten, engagierten und loyalen Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst“ erwähnt, die ihre Pflicht tun „und viele sogar mehr als das“. Staatsanwälte und Richter kommen in diesem Zusammenhang nicht vor. Sie werden lediglich beiläufig wie ein lästiges Übel nach Polizei und Feuerwehr erwähnt als ein Bereich, der einen „unverzichtbaren Beitrag zu gesellschaftlichem Ausgleich und sozialem Frieden“ leistet. Auf 20 Seiten Regierungserklärung ein Halbsatz für die Justiz. Das hätte 2004 stutzig machen müssen. Diese Geringschätzung der Dritten Gewalt für die Entwicklung einer sich verändernden und wachsenden Stadt spiegelt sich in der Gehaltsentwicklung wider. Wer deutlich geringer qualifizierten Bediensteten der Stadt 2,9% mehr zahlt, verhöhnt diejenigen, die höchstqualifiziert, mit Spitzenergebnissen im Staatsexamen Staatsanwälte und Richter werden und geworden sind. In Nordrhein-Westfalen, Bremen und in vielen anderen Bundesländern sind Richter und Staatsanwälte nicht derart abgestraft worden wie in Hamburg. Die Gehälter sind linear erhöht worden; teils höher, teils geringer als in Hamburg. Kein Bundesland hat aber zunächst für die geringe Besoldungserhöhung eine Begründung gegeben, an die es sich nach Verabschiedung des Gesetzes nicht mehr gebunden fühlt. So vorzugehen, heißt Mogelpackungen den Betroffenen unterzuschieben.

 

In vielen Bundesländern, klagen inzwischen Staatsanwälte und Richter vor den Verwaltungsgerichten, weil die erste Besoldungsanpassung seit 2004 unter Berücksichtigung der sonstigen in diesem Zeitraum erfolgten indirekten Besoldungsabsenkungen und der Kürzungen oder Streichungen der Sonderzahlungen gegen das Alimentationsprinzip verstoße. Hamburg ist bisher weitgehend von derartigen Klagen verschont geblieben. Das war gut für das Klima zwischen Dritter Gewalt und Legislative wie Exekutive. Angesichts der jetzigen vollzogenen Entwicklung kann sich das schnell ändern. Schade wär`s für die „Metropole Hamburg – wachsende Stadt“!

 

Gerhard Schaberg