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Stand der Besoldungsmusterklagen

 

Mit Bescheid vom 09.08.2010 hat das Personalamt der Freien und Hansestadt Hamburg die Besoldungswidersprüche unserer drei „Musterkläger“ zurückgewiesen.

Die Auswahl von drei Musterverfahren (betreffend Besoldungsgruppe R1 mit Kindern, R1 in der Endstufe und R2 in der Endstufe ohne berücksichtigungsfähige Kinder) beruht auf einer Vereinbarung zwischen dem Hamburgischen Richterverein, der Justizbehörde und dem Personalamt.

Mit Blick auf die strenge Gesetzesbindung der Besoldung erfolgt die Zurückweisung der Widersprüche erwartungsgemäß. Die Bescheide werden – zusammengefasst – wie folgt begründet:

 

Der Dienstherr sei seiner Pflicht zu amtsangemessener Besoldung nachgekommen, ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip nicht erkennbar. In dem Zehnjahreszeitraum, der für Prüfung der Besoldungsentwicklung maßgeblich sei (1997 bis 2008) ist die Besoldung der Richter und Staatsanwälte

·     um 1,5% zum 01.01.1998,

·     um 2,9% zum 01.06.1999,

·     um 1,8% zum 01.01.2001,

·     um 2,2% zum 01.01.2001,

·     um 2,4% zum 01.07.2003,

·     um 1,0% zum 01.04.2004,

·     um 1,0% zum 01.08.2004,

·     um 1,9% zum 01.01.2008 (zuzüglich einer Einmalzahlung von 560 € im August 2008 und einer Einmalzahlung von 400 € im November 2008)

·     und – unter Erhöhung des Sockelbetrages um 40 € sowie einer Einmalzahlung von 40 € – um 3% zum 01.03.2009 und

·     um weitere 1,2% zum 01.03.2010

erhöht worden. Demgegenüber ist ab 2004 das Urlaubsgeld gestrichen und das sogenannte Weihnachtsgeld auf 60% eines Monatsgehalts abgesenkt worden.

Die  Versorgungskürzungen, die Einführung eines Selbstbehalts bei der Beihilfe sowie die im Beihilfebereich erfolgten Leistungskürzungen werden im Widerspruchsbescheid ebenso wenig thematisiert wie die (allerdings unmittelbar nur die Staatsanwaltschaften betreffende) Erhöhung der Wochenarbeitszeit.

Sodann referiert der Widerspruchsbescheid die rechtlichen Obersätze der einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 44, 249, 265 und Urt. vom 27.09.2005 – 2 BvR 1387/02), um dann darunter zu subsumieren.

Zu beachten sei, dass sich die R-Besoldung durch die Verlängerung der Laufzeitstufen in der A-Besoldung wesentlich besser entwickelt habe und „sich Richterinnen und Richter gegenüber Beamtinnen und Beamten mit entsprechender Ausbildung und vergleichbarer beruflicher Verantwortung damit deutlich im Vorteil“ befänden. Erheblich Abweichung gegenüber den Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes ergäben sich nicht, da die Besoldungsanpassungen das jeweilige Tarifergebnis lediglich drei Mal unterschritten (jeweils 0,2% zur Bildung der Versorgungsrücklage), allerdings teilweise auch erst mit mehrmonatiger Verzögerung abgebildet habe. Dass die Versorgungskürzungen „wirkungsgleich“ den Rentenanpassungen folgten, ohne dass die Herabsetzung der Arbeitnehmerbeiträge etwa zu den Sozialversicherungen in die Betrachtung einbezogen wird, wird nicht thematisiert.

Auch unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Preissteigerung wird ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip verneint. So sei der Preisindex im Betrachtungszeitraum um 15,4% gestiegen, während R2 in der Endbesoldung unter Berücksichtigung der Einmalzahlungen um 15,08% gestiegen sei.

Die Aussagekraft der von uns benannten Gehaltsentwicklung im Handels-, Kredit- und Versicherungsgewerbe wird für nicht aussagekräftig gehalten, weil die dort geleisteten Tätigkeiten nicht auf der Grundlage einer vergleichbaren Ausbildung (Hochschulabschluss, 2. Staatsexamen) erbracht würden.

Die Ergebnisse der Kienbaumstudie seien zum einen nicht verlässlich, zum anderen nicht auf Richter und Staatsanwälte übertragbar. Die Studie stehe etwa im Widerspruch zu anderen wissenschaftlichen Untersuchungen, etwa des IFB (vgl. dazu BRAK-Mitt. 2/2007, S. 46 ff.). Die Kienbaumstudie sei auch deshalb nicht aussagekräftig, weil nicht erkennbar sei, dass bei der Auswahl der Vergleichsjuristen aus der Anwaltschaft nur Kräfte mit Prädikatsexamina herangezogen wurden, was bei einem Vergleich mit Justizjuristen geboten wäre. Ferner seien nur Anwälte aus Sozietäten und nicht etwa auch Einzelanwälte mit Prädikatsexamen untersucht wurden. Im Übrigen sei eine Abkoppelung von der Entwicklung der Verhältnisse einzelner, besonders herausgehobener Berufsgruppen außerhalb des öffentlichen Dienstes – soweit sie sich denn verlässlich nachweisen ließe – nicht maßgeblich für die allgemeine Entwicklung der Verhältnisse in Hamburg.

 

Die Widerspruchsführer haben – in Absprache mit dem Vorstand – Herrn RA Uwe Jensen (www.uwe-jensen.de) mit der Klagerhebung beauftragt. RA Jensen hat unter dem 26.08.2010 namens der Widerspruchsführer zunächst fristwahrend Feststellungsklage beim VG Hamburg erhoben. Die Klagebegründung erfolgt nach Akteneinsicht in die beizuziehenden Verwaltungsvorgänge.

Über den weiteren Fortgang des Verfahrens werden wir Sie zu gegebener Zeit unterrichten.

 

Marc Tully