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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

nun bekommen wir im November eine Nachzahlung und sind trotzdem nicht zufrieden (in diesem Heft, Seite 6). Zu Recht, denn diese einmalige Zahlung deckt die von unserem Vorsitzenden Schaberg in MHR 4/2007, 3 scharf angegriffene Streichung einer Gehaltserhöhung von einem weiteren Prozent allenfalls für das Jahr 2008 ab, während sich eine Gehaltserhöhung in alle Zukunft fortgepflanzt hätte und so jedes Jahr wieder angefallen wäre. Die Begründung für die Beschränkung des Ausgleichs auf dieses Jahr, die Stadt wolle die Leistungszulage erst im nächsten Jahr angehen, überzeugt jedenfalls nicht bei der Richterschaft, denn hier wird aus rechtlichen Gründen eine Leistungszulage auch in den nächsten Jahren nicht zulässig sein.

Erinnern Sie sich noch? Nach dem schweren Messerangriff im Jahre 2005 auf einen Kollegen war eine Sicherheitsdiskussion in Gang gekommen (MHR 2/2005, 17). Ihr entsprang ein von der Justizbehörde entwickeltes Sicherheitskonzept. Für die Amtsgerichte sieht dieses Konzept ein einjähriges Pilotprojekt mit einem externen Sicherheitsdienst vor, der in den Gerichtsgebäuden Streife gehen soll. Ob das ausreicht, darüber kann man natürlich diskutieren (ein Messerangriff wird durch Streifengänge nicht verhindert). Und ob ein mit Wachtmeistern ausgestatteter Kernteil der öffentlichen Gewalt seine eigene Sicherung nicht vorrangig durch eine personelle Verstärkung der Wachtmeisterei verbunden mit zusätzlicher Sicherheitsausbildung durchführen sollte, wäre nach Ablauf der Pilotphase sicherlich ebenfalls der Überlegung wert. Doch zunächst einmal ist anzuerkennen, dass die Justizverwaltung die Sache nicht im Sande verlaufen lassen hat, sondern sich gekümmert hat mit dem Ergebnis, dass tatsächlich etwas getan wird für zusätzliche Sicherheit.

Die neuen elektronischen Türschlüssel sind dagegen wohl weniger der Sicherheit geschuldet, sondern auf eine Entwertung der vom Richterverein neu angebotenen Schlüsselversicherung (MHR 2/2008, 3) gerichtet. Doch für die Schlüsselversicherung „zum Glück“ werden ja nicht alle Schlösser auf das elektronische Verfahren umgestellt. Das hat wegen des in den meisten Gerichtsgebäuden bestehenden Prinzips der offenen Türen zudem die Nebenfolge, dass eine personenbezogene Kontrolle der Türbenutzungszeiten durch Auswertung der Daten, die die elektronischen Schlüssel produzieren, auch technisch derzeit nicht möglich bzw. nicht aussagekräftig wäre. Man könnte theoretisch allerdings noch einen Abgleich dieser Daten mit den von jedem Kollegen verursachten Telefon-, Netzwerk- und Internetprotokolldaten (Log-Dateien) durchführen. Aber das macht natürlich niemand, zumal durch Dienstvereinbarung die Auswertung der Türbenutzungsdaten ausgeschlossen wurde. Andererseits: Wenn schon ein Familienvater die Internetbenutzungsdaten seiner Angehörigen von Rechts wegen überwachen müsste (?!) - vgl. in diesem Heft, Seite 17 f. - warum dann nicht auch Vater Staat? Das sollte niemand wollen!

 

Ihr
Wolfgang Hirth

ÖRA zieht um

Die Hauptstelle der ÖRA und ihre Bezirksstelle Mitte befinden sich ab 22. September nicht mehr am Holstenwall, sondern in der Dammtorstraße 14.